Rückführung als Ziel in der Jugendhilfe – Chancen, Herausforderungen und Entscheidungen am Beispiel eines konkreten Falls

8. Jan.. 2025Betreuungsstellen, Bewerber*innen, Informationen, Jugendämter

Im Rahmen der kollegialen Beratung, der Regionalkonferenzen sowie im Austausch mit und zwischen den Betreuungsstellen beschäftigte die h&p Baden-Württemberg gGmbH in der Region Mitte in den vergangenen Monaten ein Fall ganz besonders. Hier ging es um die geplante Rückführung eines 4-jährigen Mädchens, das bereits seit zwei Jahren in seiner sozialpädagogischen Sonderpflegefamilie (SPSPF) lebt. Anhand dieses Falles wurde die Rückführung als mögliches Ziel einer stationären Jugendhilfemaßnahme thematisiert und bearbeitet.

Die zweite Online-Fachtagsreihe des Jahres zum Thema „Störungsbilder gemäß ICD-10“ startet.

37 SGB VIII legt hierzu fest, dass bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie – also §§ 33, 33 (2) und 24 sowie ggf. 35a SGB VIII – das Jugendamt Beratung und Unterstützung für die Eltern sicherstellen soll, um die Erziehungs- und Entwicklungsbedingungen so weit zu verbessern, dass der junge Mensch zurückkehren kann. Wenn diese Verbesserung nicht in einem für das Kind vertretbaren Zeitraum erfolgen kann, sollen andere und langfristige bzw. dauerhafte Perspektiven im Rahmen der Hilfeplanung erarbeitet werden.

Bereits vor der Umsetzung einer Rückführung, also dem konkreten Umzug, muss dementsprechend ein Prozess in Gang gesetzt werden, der auf die Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie abzielt. Diese Bedingungen sowie die Fähigkeiten der Eltern, deren Motivation und Lernfähigkeit sowie Veränderungsbereitschaft müssen analysiert und geprüft werden. Die Kontakte zwischen dem jungen Menschen sowie den Eltern bzw. dem Elternteil, zu dem er zurückkehren soll, müssen intensiviert und ausgebaut werden. Die Zusammenarbeit der Eltern mit der Betreuungsstelle, dem Jugendamt sowie weiteren Hilfebeteiligten sollte zudem vertrauensvoll, offen und am Kindeswohl ausgerichtet stattfinden. Im Rahmen der Hilfeplanung müssen diese Punkte dementsprechend berücksichtigt und mit konkreten Zielen verbunden werden.

Im Rahmen des dann initiierten Rückkehrprozesses sollten weitere Aspekte berücksichtigt werden, unter anderem:

  • Die gewachsenen Beziehungen und Bindungen in der Betreuungsstelle
  • Mögliche Gefahren für den jungen Menschen durch Beziehungsabbrüche
  • Das Netzwerk des jungen Menschen (Freunde, Schule, Kindergarten, Nachbarn, Therapieangebote, Familienangehörige usw.)
  • Die Absicherung nach einer Rückführung zur Vermeidung erneuter Fremdunterbringung

Die Auseinandersetzung mit diesem Thema verdeutlichte für die Kooperationspartner*innen und den Fachdienst der h&p Baden-Württemberg gGmbH, dass eine ganzheitliche Betrachtungsweise, ein strukturiertes Vorgehen sowie professionelles Handeln der Akteure die Voraussetzung dafür sind, eine Rückführung „erfolgreich“ – sprich am Kind und seinen Bedürfnissen orientiert – durchzuführen.

Spannend war zudem die Definition und Klärung der Rolle und Aufgaben der Angebote in häuslicher Gemeinschaft. Einerseits soll der junge Mensch Sicherheit, Verlässlichkeit und Kontinuität in der Betreuungsstelle erleben. Er soll Beziehung und möglicherweise auch Bindung aufbauen und sich als Teil eines Familiensystems erleben. Dies mit dem gesetzlichen Auftrag, einer möglichst sachlichen Betrachtungsweise des Rückkehrprozesses und einer professionellen Leistungserbringung für Jugendamt, Eltern und den jungen Menschen in Einklang zu bringen, stellt eine große Herausforderung dar.

Insbesondere dann, wenn der Rückkehrprozess nicht reibungslos verläuft, es zu Auffälligkeiten beim jungen Menschen kommt oder Gefahren im Fall einer Rückführung gesehen werden, kommt der engmaschigen Begleitung und Beratung der Betreuungsstelle sowie einer guten und vertrauensvollen Arbeitsbeziehung zwischen Fachberatung und Kooperationspartner*innen eine zentrale Bedeutung zu.

Was ist aus dem eingangs genannten Fall geworden?

Nach eingehender Prüfung und einer intensiven, respektvollen und professionellen Auseinandersetzung aller Beteiligten wurde inzwischen beschlossen, dass die Maßnahme gem. § 33 (2) SGB VIII langfristig aufrechterhalten und eine Rückführung nicht weiter fokussiert werden soll.

h&p Baden-Württemberg gGmbH